...

Na das ist mir ja wieder ausgezeichnet gelungen - Chaos stiften und Menschen verletzen. Mein Bruder und einige andere Verwandte kamen vor einiger Zeit auf die Idee, ein Stück Familie zusammen zu bringen, damit keiner mehr allein ist und so eine Art Seifenblasenfamilienidyll erschaffen wird. Zu diesem Zweck wurde ein Familienchat angelegt, in dem sämtliche Cousinen und Cousins zu Wort kommen dürfen. Mein Bruder hat dort die "gute Laune - Moderation" übernommen. Am Anfang war ich irgendwie angetan von der Idee, einfach weil auch ich mich nach Harmonie sehne. Dann habe ich das getan, was bei Strafe verboten ist - ich hab schlafende Hunde geweckt.

Zur Vorgeschichte: Ich habe eine Cousine, ungefähr in meinem Alter, der ich als Kind sehr zugetan war. Ich habe sie bewundert und verehrt. In den Ferien wurde ich oft bei ihr (bzw. meiner Tante) abgeparkt. Sie brachte mir das rauchen bei und wie man sich cool benimmt. Sie nahm mich mit zur "Disco" (Gott, wie altbacken das klingt). Dort stellte sie mir auch einen Exfreund vor. Da er ja ein Exfreund war, liess ich mir von ihm, dankbar dafür dass auch ich einen Markt habe, die Zunge in den Hals stecken. Er mochte mich und liess sich später auch nicht durch die geografische Enfernung zu meiner Metropole abschrecken. Er besuchte mich und bescherte mir den ersten Orgasmus meines Lebens - da war ich 14. Meine Cousine war missgestimmt und wir stellten den Kontakt ein. Ich machte mir keine großen Gedanken drum und hatte Spaß mit ihrem Ex. Es war der Auftakt zu meiner Jagd nach dem was andere haben. Es sollte mir die Bestätigung bringen, dass auch ich liebens- und begehrenswert bin. Ich mochte den Ex solange bis die Orgasmen ausblieben. Ich nahm es einfach als Zeichen, dass er eben nicht der Richtige für mich ist und ließ ihn sitzen. Irgendwann hatte ich dann auch wieder Kontakt zu meiner Cousine. Ich war ca. 22 Jahre alt als ich zu ihr fuhr, um mir bei ihr die Wunden zu lecken, die mein Leben, mein Männerverschleiss und meine Beziehungsunfähigkeit hinterlassen hatten. Dieses mal stellte sie mir einen Ex vor, der auch noch in ihrer Wohnung wohnte, weil es bis dato noch keine Veranlassung gegeben hatte, sich auch räumlich zu trennen. Wenn sie arbeiten war, schauten wir gemeinsam Dokus und quatschten über Gott und die Welt. Er tat mir gut. An meinen Abreisetag, meine Cousine war schon beim Brötchenerwerb, beugte er sich zu mir über den Tisch, um mich zu küssen. Es ertönte kein Geigenspiel, aber es brachte mich durcheinander und später erneut auf die absurde Idee, dass er mein Leben nun richten solle. Als er und meine Cousine mich einige Wochen später im Krankenhaus besuchten, lud ich ihn übers Pfingstwochenende ein. Auf die verwunderte Nachfrage, ob sie da auch mitkommen könne, erteilte ich meiner Cousine eine abschlägige Antwort. Sie war fassungslos. Und das war der endgültige Bruch zwischen uns. W. zog zu mir in die Metropole und wechselte für mich seinen Dienstort. Er holte für mich ein paar Sterne vom Himmel, aber das alles war mir nicht genug, wieder begann ich meinem Psycho hinterherzulaufen. Ich wollte W. nicht betrügen, darum schenkte ich ihm reinen Wein ein. Wir trennten uns nach zwei Jahren erst räumlich, dann ziemlich schnell auch als Paar. Meine Cousine vertrat weiter öffentlich, ich hätte ihr W. ausgespannt. Auch mein Bruder wollte meine Version nie hören und positionierte sich (natürlich unwissentlich), indem er sie weiter besuchte und schöne Wochenenden mit ihr verbrachte. Ich gehörte nicht mehr dazu. Ich war die böse, Männerfressende Schlampe. Ich wette, mein Bruder schämte sich schon damals nicht nur für sein Elternhaus, sondern auch für mich. Für mich waren die Folgejahre bis Anfang 2001 weiter von meinem Psycho und vielen untauglichen Beziehungsversuchen geprägt. Psycho trieb mich an den Rand des Abgrunds (meinte ich damals) und ich stalkte und bettelte um Liebe, bis er mir (ungewollt), endlich die lachende, knochenarschige Dritte präsentierte. Ich sah das junge Glück zufällig in einem Biergarten, in dem Cabrio meines Fotografen sitzend, den ich zum Halten zwang.

Ich sprang aus dem Auto und baute mich vor meinem Psycho und seinem Magersüchtigen, sächsisch sprechendem Anhängsel auf. Anstatt zu sagen, ihr habt euch wirklich verdient, war ich mal wieder kleinlich und überraschte mich selber mit den netten Worten: "Du bist das grösste Arschloch, das mir jemals in meinem Leben begegnet ist." Zwei erschrockene Augenpaare brannten sich auf meinem Weg zurück zum schicken Cabrio in meinen Rücken...(Fortsetzung und Erläuterungen folgen vielleicht)

Ja und in diesem Moment im Hier und Jetzt, piept mein Handy. Mein Bruder schreibt mir, dass ich ihn zu den anderen auf den Müll legen kann, die meiner nicht wert sind. Eben so wie ich es auch schon mit Vater, meinem Freund und einigen Freundinnen getan habe. Ich hätte ja sicher noch einen Haufen anderer Freunde, die sich so behandeln lassen wollen. Er tut sich das jedenfalls nicht an. Mir bleibt fast das Herz stehen.

Ich hatte ihn gebeten, zu dem Familientreffen mit uns und Mama in einem Haus zu wohnen. Er meinte, ihm wäre das egal, Hauptsache er hat ein Bett. Ich schrieb ihm, dass der Kleine Prinz an dem Wochenende Geburtstag hat und dass es mir wichtig wäre. Heute hat meine dicke Cousine die Hausbelegungspläne geschickt. Sie hat meinen Bruder und dessen Frau ihrem Haus zugeordnet. Alle bedanken sich im Chat euphorisch für die grossartige Organisation und ich ticker meinem Bruder folgende Botschaft: "Total super!"

Ich fühle mich verarscht und verraten und hatte bis eben noch das Gefühl, dass ich meinem Bruder super peinlich bin und er sich prophylaktisch schonmal woanders einquartiert, bloss nicht mit mir in Verbindung gebracht werden möchte. Das ist villeicht schizo von mir, aber gerade dass er (lieber) bei der im Haus wohnt, als mit uns, (seiner Familie) ist ein Schlag ins Gesicht. Für mich hieß dass, er positioniert sich und glaubt, dass ich damals ihre Typen in mieser selbstherrlicher Absicht ausgespannt habe. (Die Dicke soll doch froh sein, dass mir die Typen nachgelaufen sind, sonst hätte sie vielleicht noch ihr Leben mit Männern geteilt, die bei der erstbesten Gelegenheit, fremd gegangen wären.) Ok, das meine ich nicht wirklich ernst. Aber die Unterstellung, dass ich immer der unangenehme Störenfried bin, der aus rein egoistischer Motivation agiert tut sehr weh. Er fragt mich, was er nun schon wieder falsch gemacht hat und ich antworte ihm, nichts, die Dicke hat ja den Belegungsplan gemacht. Daraufhin platzt ihm der Kragen und er schreibt, dass er jetzt schon keinen Bock mehr hat, weil ihn meine abwertenden Worte über Familienmitglieder abtörnen und dass er keine Lust auf Zickenkrieg hat, das Treffen solle ja kein Jahrmarkt der Eitelkeiten sein. Schwupp sind meine Probleme wieder klein und niedlich. Ich verspreche ihm, dass ich selbstverständlich Harmonie versprühen werde, oder aber zu Hause bleibe, damit er dort in Ruhe den Pausenclown mimen kann. Puh, das war gemein, ich weiß. Ja, so kam es also zu seiner "Müll-Nachricht". Meinen Anruf drückt er weg. Ich schreibe also, dass mir der "Pausenclown" leid tut. Und fühle mich so mies. Er schreibt, er hat sein halbes Leben lang immer einstecken müssen (ja, dass weiss ich) und ich solle vergeben. Tja und dann sprudelt es aus mir heraus, dass ich der Cousine nichts zu vergeben habe und dass er es mir überlassen muss, ob ich Vater vergebe. Der hat mich zwar nicht geprügelt, aber teilhaben lassen. Und er hatte im Suff seine Hand zwischen meinen Beinen, weil er im Rausch nicht unterscheiden konnte, ob ich Muttern, oder aber seine 9-jährige Tochter bin. Und ja, ich hab mir nie etwas anderes gewünscht, als eine heile Familie. Darum habe ich nach der Geburt des kleinen Prinzen an Vaterns Tisch gesessen und mich bewirten lassen. Ich schrieb, dass ich Beziehungsunfähig bin und mein Leben nur als Statist führe.

Ja mein großer Bruder hat Recht, ich bin erwachsen und habe das Ruder in der Hand. Jeder dieser Tage ist ein Überlebenskampf. Ich zwinge mich zum Essen, zum arbeiten, zu allem. Mein Sohn sagt mir, wie lieb er mich hat und ich denke, und ich bin so eine furchtbare Mutter. Ich muss mich bewegen. Ich muss wieder funktionieren und nicht nur sagen, dass er mir wichtig ist und alles bedeutet, sondern auch leben.

P.s. Ich bitte um Entschuldigung für meine orthografischen Fehler, aber im Moment hat mich die Pseudodemenz im Griff und ich tippe die meisten, meiner Einträge als Memo auf meinem Smartphone.
Gast (Gast) - 24. Aug, 11:07

Das liest sich, als seist Du sehr einsam und fühltest Dich von der Welt unverstanden.
Weißt Du selbst, was Dir nahestehende Personen tun könnten, um Dir zu hlefen? Oder was Deine Familie zun müsste, damit Du Frieden findest?

userli - 24. Aug, 23:05

Ich denke ja. Ich kann die Vergangenheit und meine Familie nicht ändern. Aber ich werde lernen, mich abzugrenzen. Ich werde lernen, mich zu mögen, zu entspannen und loszulassen. Keine Exzesse und Drahtseilakte mehr, um etwas zu spüren. Ich möchte besser auf mich achtgeben. Meine Mutter hat sich vor einigen Jahren bei mir entschuldigt, das bedeutet mir sehr viel und ich liebe sie dafür um so mehr. Ich will es nicht soweit kommen lassen, dass ich das irgendwann bei meinem Sohn tun muss. Ich möchte immer sein zu Hause sein. Sicher habe ich mir gewünscht, dass mein Bruder stolz auf mich ist, dabei aber vergessen, dass er aus dem gleichen Nest gefallen ist. Er hat auf mich aufgepasst, aber wenn er das erzählt, klingt es, als wäre ich ihm eine große Last gewesen. Er ist ein Emo-Krüppel. - so wie ich. Mein Vater hat die Vergangenheit ein wenig aufgehübscht und glaubt sich selber jedes Wort, wenn er stolz berichtet, was er für ein großartiger Mensch war und ist. Ich habe es auch versucht - dieses Verdrängen und ich habe nicht damit gerechnet, dass es mir nach so vielen Jahren die Beine wegschlägt. Meine letzten Wochen waren von der Angst geprägt, dass meine Mutter stirbt und ich habe meinen Vater noch mehr verachtet. Es gibt nichts, was mein Vater für mich tun kann, außer mich in Ruhe zu lassen. Meine selbst organisierte Reha beginnt schon in der nächsten Woche. Ich bin stolz darauf, dass ich das ganz alleine geschafft habe. Ich werde dort diszipliniert an mir arbeiten. Ich werde nicht mein ganzes Leben ändern und mir werden dort keine Wunderheiler begegnen, aber es wird der Auftakt für neue Sichtweisen. Von mir nahe stehenden Personen wünsche ich mir, dass sie mich nicht im Stich lassen, wenn es schwierig ist mit mir, wenn ich wütend (verbal) um mich schlage. Ich wünsche mir, dass sie darauf vertrauen, dass ich ihnen zur Seite stehe, wenn sie meine Hilfe benötigen. Sie müssen es mir nur sagen, anstatt darauf zu hoffen, dass ich hellseherische Begabungen habe. Ich möchte von ihnen nicht in Grund und Boden kritisiert werden, wenn es nicht konstruktiv ist. Ich möchte keine Yoga-Empfehlung, wenn mein Leben aus den Fugen gerät. Ich möchte keine Neider um mich herum, weil ich einen sicheren Job habe, der Zahn der Zeit nett zu mir war, oder weil meine Mutter mich (so gut es geht) mit dem kleinen Prinzen unterstützt und mir damit Zeit zum atmen verschafft. Ich wünsche mir, dass psychische Erkrankungen egal welcher Ursachen, als Erkrankung akzeptiert werden und nicht bagatellisiert. Manchmal wünsche ich mir von nahestehenden Personen, dass sie mich coachen und antreiben, anstatt meine Fehler aufzulisten. Ja ich wünsche mir Unterstützung, wenigstens in Form von Motivation.
steppenhund - 25. Aug, 02:42

Ich bin ja nicht nahestehend ...

daher kann ich wohl caum coachen und antreiben.
Aber letzten Endes gibt es ja eine intrinsische Antriebsfeder: die ist der Sohn. Irgendwann wird er erwachsen und dann sollte er sagen können: meine Mutter hat kein leichtes Leben gehabt, aber sie hat es geschafft, ihre Probleme von mir fernzuhalten.
Das geht vermutlich nur, wenn man sagt: scheiß drauf, was war. Wie sieht der morgige Tag aus? Gibt es denn irgendwelche Verpflichtungen aus der Vergangenheit?
Ich kenne einige Fälle, wo sich Bruder und Schwester komplett entzweit haben. In den meisten Fällen ging es da aber um Geld. Meistens bei einer Erbschaft.
Was den Männerverschleiß angeht, kann ich nicht beurteilen. Irgendwie kann ich mir schwer vorstellen, dass es soooo viele waren. Eher, dass es die falschen waren. Naja, so ist das Leben. Manche bleiben das ganze Leben zusammen und fressen den Ärger in sich hinein. Auch nicht das Wahre.
Also Kopf hoch!
Gast (Gast) - 25. Aug, 10:39

Ich denke, dass Du weißt was Du möchtest, ist schon viel wert. Das herauszufinden war ein harter Weg und schwere Arbeit. Nun, da Du Deine Wünsche kennst, können sie hinterfragt werden. Abstand vom Vater ist verständlich und tut Dir sicher gut. Coaching von Freunden beispielsweise, wäre sicher eine schöne Vorstellung. Sind denn Deine Freunde Coachs? Und geht coaching in einer Freundschaft? Versuchen sie Dich vielleicht so gut zu unterstützen, wie sie es können? Auch wenn die Yoga empfehlung anscheinen ist Zielverfehlt hat ;-) Was würde Dich eigentlich motivieren?

Gast (Gast) - 25. Aug, 12:31

Was ich noch sagen wollte: "Ich werde lernen, mich zu mögen, zu entspannen und loszulassen. Keine Exzesse und Drahtseilakte mehr, um etwas zu spüren. Ich möchte besser auf mich achtgeben" das finde ich sehr schöne Ansätze. Ich hoffe, Du findest dafür einen zu Dir passenden Weg. Für Dich freue ich mich, dass Du in der nächsten Woche in die Therapie gehen kannst, von der Du Dir so viel erhoffst. Ich wünsche Dir, dass sich Deine Hoffnungen erfüllen und Du neue Ansätze für Dich erkennst; neue, weniger selbstzuerstörerische Strategien um Deine Bedürfnisse zu befreidigen. Und ich wünsche Dir eine wunderschöne Beziehung zu Deinem Kind. Ich glaube, wir müssen keine perketen Eltern sein, wir müssen nur immer unser Bestes (das uns gerade möglich ist) geben. Und da Du -nach so langer Zeit- Dich Deinen Dämonen stellen willst, hast Du sicher den Dir besten Weg gerade eingeschlagen. Viel Erfolg.

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